Alleine?
Kümmerliches Dasein. Ich will die Welt nicht wissen.
Denn: Ich habe Angst.
Ein Leib aus schwarzer Hülle. Der mich umgibt und
nährt. Ich sitze hier, trauernd. Und du kämpfst
für mich. Noch eine Weile. Bis du mich wieder ausspuckst,
ich das Land erreiche. Hat es was gebracht? "Reife!"
Sandra Veneman
Ein Haifisch hängt an einem Haken. In seinem Magen
kauert ein Kind, den Kopf auf die verschränkten Arme
gelegt. Ist das nicht ein biblisches Thema? Jonathan,
der von dem Wal verschluckt wurde, oder etwas Ähnliches?
Ich weiß es nicht mehr genau, der Religionsunterricht
in der Schule ist so lange her. Vielleicht sollte ich
mal in der Bibel nachschauen.
Utz Peter Greis
Hoffnung?
Die Geschichte Jonas wird oft im Sinne menschlicher Grunderfahrung
von Ende und Neubeginn betrachtet. Gott lässt Jona,
eigentlich im Meer zum sicheren Tode verurteilt, durch
den Wal retten, ein Zeichen der Hoffnung, aber auch der
Macht, denn Jona hatte versucht, sich Gottes Auftrag,
in seinem Namen in Ninive gegen das Böse zu predigen,
zu entziehen. Der Versuch scheitert, sein Schiff, mit
dem er in die entgegen gesetzte Richtung fährt, gerät
in einen furchtbaren Sturm. Jona, als Verursacher des
Übels erkannt, landet im tobenden Meer. Die Rettung
im Bauch des Wals ist also auch Zeichen göttlicher
Macht, Übermacht, der sich entgegenzustellen sinnlos
ist. Bei Wilhelm Schiefer allerdings endet die Geschichte
anders: Dieser Wal wird Jona nicht sicher an Land befördern
und ausspeien, er hängt am Haken, von Menschen gejagt,
von Menschenhand am Haken aus dem Meer gezogen. Gottes
Pläne durchkreuzt? Ein Akt der Anmaßung, Gottesferne,
Brutalität und Ignoranz? Hat Jona überhaupt
die Chance, lebend zu entkommen? Selbst wenn: Rettung,
Erlösung, Wiedergeburt ist hier nicht mehr Gottes-
sondern Menschenwerk. Das setzt Gedanken frei: Gentechnologie,
Stammzellenforschung, die Diskussion um die so genannte
"Sterbehilfe", Wert und Schutz des werdenden
und zu Ende gehenden Lebens...
Frank
Kirschstein
Die
Tragik des Menschen ist, dass die körperliche und
seelische
Evolution mit seiner geistigen Evolution nicht Schritt
gehalten hat.
- Um im Bild zu bleiben: Biologisch ist der Mensch noch
ein Embryo im Bauche der Natur, angewiesen auf ihren Schutz
und Ihre Versorgung, sein Geist dagegen hat sich in Dimensionen
entwickelt , die über den Rahmen des Bildes hinausgehen;
nur ein Zipfel ist von seinen Auswirkungen zu sehen, nämlich
der Haken des technischen Fortschritts, mit dem der Mensch
die Natur und damit auch seine eigenen Lebensbedingungen
zerstört.
Josef
Grüning
Unwillkürlich
denkt man an die Geschichte des Propheten Jona. Zur
Sicherheit schaut man noch mal ins Alte Testament. Aber
dann merkt man, dass es eine andere Geschichte ist, die
hier erzählt wird. Der Fisch schwimmt nicht mehr.
Er hängt am Haken. In seinem Magen kauert ein Kind,
das weder schreit noch betet. Will es überhaupt den
schützenden Raum des Fisches verlassen und in die
Welt zurück? Der griechische Schriftzug für
Fisch ()
steht für "Jesus Christus, Gottes Sohn, Erlöser".
Ist dieser Fisch gemeint? Oder hat hier der Mensch sich
selbst gefangen?
Ilse und Ludwig Petry, Meerbusch
Dies
ist nicht die alte Geschichte von Jona und dem Wal, sondern
eine neue. Jona betet nicht, fleht nicht, besinnt sich
nicht. Vielleicht ist er zu erschöpft von dem, was
ihm widerfahren ist. Er schläft vertrauensvoll, geborgen
im Leib des großen Fisches, in einer Haltung, die
auch ein Ungeborenes einnehmen könnte. Dieser Jona
wird nicht nach drei Tagen von dem großen Fisch
ausgespieen, damit er seinen Auftrag erfüllen kann.
Denn der Fisch wurde schon vorher gefangen, hängt
nun am Haken. Wie wird es weitergehen? Der Fisch wird
aufgeschlitzt, und der immer noch schlafende Jona wird
herausgezogen, unversehrt. Er erwacht, verwirrt schaut
er ins helle Licht. Er weiß nicht, was er tun soll.
Seine Wiedergeburt wurde gewaltsam herbeigeführt.
Jona wird in die Welt entlassen, ohne zur Besinnung gekommen
zu sein. So kann er seinem Auftrag nicht gerecht werden.
- Damit ist dieses großartige Bild vom 23. Tag noch
lange nicht zu Ende gedeutet, wenn es sich überhaupt
eindeutig bestimmen lässt. Viele Bilder von Wilhelm
Schiefer verweisen den Betrachter auf sich. So ging es
mir mit diesem. Es erinnerte mich nach Jahren an das folgende
Gedicht, das ich vor langer Zeit geschrieben habe:
Auf dem mächtigen Haupt des Wals
der Jona verschlungen hat
steht eine Blutfontäne
Von der Harpune tödlich getroffen
hat er die Fangleine noch zerreißen können
Und Jona:
wird der Wal ihn je
an Land speien?
Mein Eindruck: Was Wilhelm Schiefer erzählt, enthält
mehr Hoffnung als diese Zeilen.
Helmut Engels
Moby
Dick? Aber der unbequeme Prophet Jonas schläft unbekümmert
ob all der Überfischung der Weltmeere im Walmagen.
High-tech Hochseefischerei hat nun seinen Wal erwischt
und ihn am Maul an der Kette hoch gehievt, gleich wird
er zerteilt. Aber Jonas sollte er doch an Land speien?
Geht hier wohl nicht mehr. Na ja, Walfleisch schmeckt jedenfalls
- auch Thunfisch, zu Weihnachten und im nächsten
Jahr, warum denn nicht. Aber Jonas? Er kneift vor seinem
Auftrag der Verkündigung der Wahrheit Jahwes; hadert
sogar mit IHM, schimpft. Doch ER: "Mir soll es nicht
leid sein um Ninive, die große Stadt, in der mehr
als hundertzwanzigtausend Menschen leben, die nicht einmal
rechts und links unterscheiden können - und außerdem
so viel Vieh?" (Jona, 4,11)
Dr. Karl Remmen
Wir
haben es mit drei symbolischen Bedeutungen zu tun: dem
Fisch, Jona im Bauch eines Fisches, den Fisch in seiner
Drangsal an Angel oder Haken. Der Fisch ist das uralte
Symbol für das Wasser, in dem er lebt, zugleich des
Lebens und der Fruchtbarkeit. Im frühen Christentum
ist er wohl zur Bezeichnung der getauften Christen verwendet
worden. Der Mensch in gebückter Stellung mit verschränkten
Armen in dieser Darstellung erinnert an das Alte Testament
mit dem Propheten Jona im Bauch des Fisches: drei Tage
darin und wieder ausgespien, was auf Grablegung und Auferstehung
Christi hinweist. Aber dieser Fisch ist selbst gefangen,
abhängig von einem Dritten. Die herkömmlichen
Bedeutungen greifen also nicht, so dass ein Antagonismus
bestehen bleibt. In diesen Tagen war wieder von Fangquoten
und deren Nichtbefolgung in den Medien die Rede. Der Mensch
ist dabei, seine Umwelt mit allem, was ihn zum Leben befähigt,
zu zerstören. Kann nur eine völlige Wende, wie
sie der Advent uns näher bringt, den Menschen retten?
Noch benötigen wir einen Tag und eine Nacht, um zu
singen: "Christ der Retter ist da".
Sabine und Herbert Jacobs
Jonas
im Bauch eines Schwertwals. In der erzwungenen Einsamkeit
kann ich zu mir selbst und den rechten Weg des Lebens
finden. Erst dann wird mir wieder ein Pfad aus der Einsamkeit
gewiesen.
FraWi Servaes