Kunstaktion
"Wachsender Adventskalender 2006" - Tag
2
Der Künstler hat
seine ganze Kraft in sein Werk gesetzt. Er hat es über sich
positioniert. Er ist erschöpft, nackt und bloß, aber
auch in sich ruhend und nachdenklich.
Wolfgang Kral
Offenbar waren die Ideen des
Autors (Bild 1) böse. Aus ihnen fließt Blut, und sein Finger
weist auf die untere "ausführende Instanz", die im
Bewußtsein
der von oben verliehenen Macht den Machtlosen drangsaliert.
Aber sie kann mit ihrer arroganten Überlegenheit nur einen
kleinen Teil der Person, die Außenseite, erreichen; das
Innere, den wesentlichen Teil, erreicht sie nicht - er
bleibt ihr verborgen. - Nur eine aus der Menge durchschaut
diese Machtspiele und wendet sich ab. Josef
Grüning
bedrohlich,
aggressiv, zerrissen. dominierte am 1.
tag noch die person das bild und vermittelte gelassenheit
wohl aber auch verletzbarkeit, rückt sie heute an den rand,
von wut verzerrt. Anneli Palmen
Das ist etwas mit Hand und
Fuß. Aber: hat es auch Hand und Fuß? Selbst wenn man
Bildteile herausschneidet und neu zusammensetzt und so ein
wenig Klarheit verschafft: das Ganze bleibt ein Rätsel.
Vielleicht öffnet ein Mitbetrachter mir die
Augen. Helmut Engels
Ohnmacht, Zweifel, Verzweiflung und Gespaltenheit bestimmen
das Leben vieler Menschen.
Stefanie Valentin
Nein, um Gottes
Willen! Was soll denn das? Das 1. Bild einfach
zerschnitten? Warum nur? Aber nein doch; ganz ruhig:
erst einmal eine Feststellung: was ist denn? Der links
oben längliche gerahmte Bildausschnitt ist keine
Kopie: hier hat die linke Hand auf der Sessellehne eine
Faust und einen angespannt ausgestreckten Zeigefinger,
zeigt nach unten (Im Colosseum verurteilt der Caesar den
Verurteilten?) – nicht diese gelöste lockere
Gelassenheit und Empfängnisbereitschaft. Der höher
gehängte Bildausschnitt rechts oben – ebenfalls keine
Kopie: die gespannt Zuhörenden sind jetzt zu einer Masse
von Unkenntlichen, Gesichtslosen geworden – von Schiefer
schnell hin geschnitten. Aber was
sollen diese herabgehängten Bildausschnitte??
Unten links ein ins Bild herein
gestelltes Profil eines angespannt Suchenden,
Zuhörenden, Erschrockenen. Aber nur einer, nicht wie auf
Bild 1 mehrere. Kniet er? Stützt sich auf seine Hände? –
Was ist nur aus dem Propheten des 1. Bildes hier rechts
unten geworden? Aufgedunsener Bauch. Geschlechtsteil
statt offenem Buch auf den Knien. Eine riesengroße grobe
rechte Faust. Zwei hässliche Köpfe im Profil.
Hinter den beiden Bildern stößt von oben ein
Blitz (rinnt Blut durch das gesamte Bild?)
Aber wiederum: Warum? Und?
Sicherlich, man kennt das Motiv aus dem Barock: Bild/er
im Bild. – Jedenfalls ist die Kraft und Ruhe des ersten
Bildes völlig hin. Selbst nach der bewusst ´coolen`
Bildbeschreibung (hab ich im Kunst-unterricht
als ersten Schritt jeder Bildanalyse gelernt) brauch ich
noch Zeit und Ruhe.
Bin irgendwie erschrocken, ich
geb´s zu!
Dr. Karl Remmen
Niedergang, Schrecken und das Unheil rinnt die Wand
hinunter. - Ist das die Beschreibung unserer
Gesellschaft 2006? gerd riepe
Das
gestern Große und Bewunderte ist im Heute zu einem
zerschnittenen Abbild zerronnen. Der Weiße und sein
schwarzes "alter ego" sind auf das Maß der sie nun
kaum noch Beachtenden abgeschmolzen.
Inge und Franz-W.
Servaes
Der Arme Sinn ist ihr verrückt
Der Köper ist total zerstückt
Welch’ Unglück hat sie wohl erfahren?
Prof. Dr. Gertrud M. Krüskemper
Die Teile erinnern uns an Aphorismus im besten
Sinne. Sie sind wie diese
"wahre Halbheiten". Warten wir das Ganze ab!
Ilse und Ludwig Petry, Meerbusch
Zwei nackte Menschen
sitzen auf Stühlen. Der Mann wirft einen
Schatten an die Wand, und die Schattenkontur
seines Gesichtes hat das Profil eines
Neandertalers. Von der Frau sieht man nur
den Unterarm, eine schöne Hand und den
Schatten eines Kussmundes. Nahe dem Kopf der
Frau steht die Zahl "2". Über dem Paar
hängen zwei Bilder, in denen jeweils ein Fuß
zu sehen ist. Zwischen den Bildern ist ein
Stück Tapete von der Wand gerissen.
Eine völlig absurde Situation, die
sich jeder Deutung entzieht.
Allerdings: Wenn ich dieser schönen Frau
gegenübersäße, hätte ich es gar
nicht gern, wenn mein Kopf die
Silhouette eines Neandertalers an die Wand
zeichnen würde.
Ich gebe zu, das ist eine sehr subjektive
Betrachtungsweise, die mit der Adventszeit
nichts zu tun hat.
Utz Peter Greis
Auf diesem Bild sieht man einen nackten,
etwas korpulenten Mann auf
einem Stuhl, mehr hängend als
sitzend. Er ist umgeben von Bruchstücken
seines Abbildes vom Vortag. Im
Hintergrund sieht man flammenähnliche
Gebilde. Als alte Deutsch- und
Kunstschülerin von Herrn Schiefer (am
Theodor-Schwann-Gymnasium) fragt man
sich, ob das vielleicht etwas
bedeuten könnte. Für mich legt es den
Gedanken nahe,daß der heutige
träge Mensch, von Reizen überflutet,
seine direkte Umgebung oft nicht
mehr richtig wahrnimmt. Selbst das
Bild von sich selbst ist zerstückelt.
Die Adventszeit ist für diese
Menschen eine gute Gelegenheit, mal etwas
zur Ruhe und zur Besinnung zu kommen.
Sabine Hartmann
„Der
Künstler hat seine ganze Kraft in sein Werk
gesetzt. Er hat es über sich positioniert.
Er ist erschöpft,
nackt und bloß, aber auch in sich ruhend und
nachdenklich“, denkt sich Wolfgang Kral zum
zweiten Bild des wachsenden
Adventkalenders von Wilhelm Schiefer.
Westdeutsche Zeitung - 02.12.2006
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christa_kolling@yahoo.de
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